Anton Weberns Œuvre beinhaltet neben einigen orchestralen Werken hauptsächlich Lieder und Kammermusik in verschiedenster Besetzung. Während die mit einer Opuszahl versehenen Werke (op. 1–31) größtenteils noch zu Lebzeiten bei der UE in Wien im Druck erschienen sind, ist ein beträchtlicher Teil des kompositorischen Nachlasses – darunter zahlreiche Kompositionen aus seiner Jugend und Studienzeit, teils auch aus dem zwischen 1904 und 1908 stattgefundenen Unterricht bei Arnold Schönberg stammend – erst nach seinem Tod entdeckt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Für Recherchezwecke sind im Folgenden nach den Kategorien Opuszahl und Moldenhauer-Nummer geordnete Werklisten aufrufbar, um einen Überblick über Weberns Schaffen zu ermöglichen. Zu jedem Eintrag einer Liste bietet die DaSCH Service Platform (DSP) kurze Informationen zu Entstehung, gegebenenfalls Uraufführung und/oder Drucklegung eines Stücks sowie eine Quellenübersicht. Verweise auf einen größeren Kontext innerhalb von Werkzusammenhängen, Fassungen oder Ähnlichem werden durch Verknüpfungen angezeigt.

Anton Weberns kompositorischer Nachlass

Anton Weberns gesamter Nachlass verteilt sich auf mehrere Archive und Bibliotheken in Europa und den USA. Der mit Abstand größte Teil davon liegt jedoch in der Paul Sacher Stiftung in Basel. Dass von Webern überhaupt ein kompositorischer Nachlass existiert, wurde der Öffentlichkeit erst ab den 1960er Jahren allmählich bekannt. Maßgeblich beteiligt an Auffindung, Zusammenstellung und Erhalt dieses Nachlasses war der deutsch-amerikanischer Musiker und Musikforscher Hans Moldenhauer, der in drei Etappen in den Besitz verschiedener Teilnachlässe gelangte:[1] 1961 erwarb Moldenhauer von Amalie Waller, der ältesten Tochter Weberns (mit der Moldenhauer im Zuge seiner Nachforschungen über Weberns Todesumstände Bekanntschaft gemacht hatte), Notenmanuskripte und Tagebücher, die sich in Familienbesitz befunden hatten. Dieser Teilnachlass enthielt bis dahin unbekannte Frühwerke Weberns, so unter anderem Im Sommerwind M 63, den Langsamen Satz für Streichquartett M 78, das Streichquartett von 1905 M 79, das Klavierquintett M 118, diverse Lieder sowie das letzte der insgesamt sechs Skizzenbücher;[2] diese beinhalten umfassendes Skizzenmaterial zu den Opuswerken 17–31 und einigen anderen, unvollständigen Stücken aus der Zeit ab 1925. Über den Erwerb und den Transport der Quellen in die USA, wo Moldenhauer an seinem Wohnort Spokane (Washington) im Begriff war ein Quellenarchiv aufzubauen, berichtete damals auch die amerikanische Presse.[3]

1963 brachte Moldenhauer mittels Nachforschungen vier weitere Skizzenbücher (Nr. 2–5 mit insgesamt 422 folia) in seinen Besitz, die von Amalie Waller 1954 zusammen mit anderen Materialien leihweise an Friedrich Wildgans für eine geplante Biographie weggegeben worden waren.[4] 1965 führte schließlich ein Treffen mit Hermine Webern, der Schwiegertochter Weberns, zu einem Fund im Dachboden ihres Elternhauses in Perchtoldsdorf bei Wien, wohin Teile von Weberns Nachlass nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges überführt worden waren. [5] Eigentlich auf der Suche nach einer zweiten von Josef Humplik[6] angefertigten und durch eine Fotografie dokumentierten Bronzebüste des Komponisten stießen die beiden nicht nur auf Weberns eigenes Violoncello, sondern außerdem auf drei Bündel mit Musikmanuskripten von Weberns Hand. Auch diesmal betraf der Fund vorwiegend das Frühschaffen: Neben etlichen Liedern aus der Jugendzeit und der frühesten bekannten Komposition, den zwei 1899 vermutlich für eine eigene Aufführung komponierten Stücken für Violoncello und Klavier M 1–2, befanden sich unter diesen Handschriften mehrere Konvolute mit Arbeiten aus Weberns Unterrichtszeit bei Schönberg. Darüber hinaus kamen Skizzen und Entwürfe aus der Zeit der freien Atonalität (u. a. „O sanftes Glühn der Berge“ M 184, Cello-Sonate M 202), atonale Entwürfe von 1924/25 (u. a. die zwei Streichtrios M 273, M 278 und das Kinderstück M 267) sowie Bearbeitungen eigener Werke, wie etwa eine kammermusikalische Fassung der Orchesterstücke op. 6, zum Vorschein.

Ein Katalog der von Moldenhauer zusammengetragenen Teilnachlässe, die neben den Musikmanuskripten auch Briefe, Schriften, Fotografien, Bücher und sonstige Erinnerungsstücke umfassen, wurde 1966 erstmals publiziert.[7]

1984 gelangte Moldenhauers Webern-Sammlung zum größten Teil in den Besitz der Paul Sacher Stiftung, wo sie in den nachfolgenden Jahren um weitere Handschriften, Briefe und andere Dokumente sowohl aus den Moldenhauer Archives als auch aus privaten Beständen erweitert wurde. Diese Sammlung umfasst inzwischen etliche tausend Seiten an Musik- und Textmanuskripten sowie Korrespondenz, Lebensdokumente, Konzertprogramme, Rezensionen und andere.



[1] Moldenhauer hat über das Zustandekommen seiner Webern-Sammlung mehrfach und teilweise abweichend berichtet. Vgl. dazu u. a. Hans Moldenhauer, „Rich Webern Legacy Contains Unknown Compositions“, in: The New York Times, 17. September 1961, S. 11; ders., „In Quest of Webern“, in: Saturday Review, 27. August 1966, S. 47–49, 60; ders., „A Webern Archive in America“, in: Anton Webern Perspectives, hg. von Demar Irvine, Seattle: University of Washington Press, 1966, S. 117–166; ders., „A Webern Pilgrimage“, in: The Musical Times 109/1500 (1968), S. 122–127; ders., Anton von Webern. Chronik seines Lebens und Werkes, Zürich: Atlantis, 1980, S. 9–12; ders., „Excelsior! Die Genese des Webern-Archivs“, in: Komponisten des 20. Jahrhunderts in der Paul Sacher Stiftung, hg. von Hans Jörg Jans, Felix Meyer, Ingrid Westen, Basel: Paul Sacher Stiftung, 1986, S. 130–147.

[2] Vgl. Gareth Cox, Anton Weberns Studienzeit. Seine Entwicklung im Lichte der Sätze und Fragmente für Klavier, Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang, 1992, S. 17.

[3] Vgl. Eric Salzman, „Unheard Scores of Webern Found“, in: New York Times, 4. September 1961, S. 17.

[4] Vgl. Moldenhauer, Anton von Webern (Anm. 1), S. 10 f.

[5] Vgl. dazu u. a. Hans Moldenhauer, „In Quest of Webern“ (Anm. 1), S. 47–49, 60; bzw. den nahezu indentischen Bericht in „A Webern Pilgrimage“ (Anm. 1), S. 122–127.

[6] Josef Humplik hatte von Webern zwei Büsten angefertigt, 1927 eine aus Gips und 1928 eine aus Terrakotta (Moldenhauer, Anton von Webern [Anm. 1], S. 308.)

[7] Hans Moldenhauer, „A Webern Archive in America“ (Anm. 1), S. 117–166.


Verlagszanzeige der Werke Weberns auf der Umschlagseite des Erstdrucks der Drei Gesänge aus „Viae Inviae“ von Hildegard Jone op. 23 (Wien: Universal Edition, 1936).